Das Münchener Indie-Studio Bonus Level Entertainment durfte dank seiner erfolgreichen Kickstarter-Kampagne ein Herzensprojekt in die Realität umsetzen. Das Erstlingswerk ist eine Liebeserklärung an Plattformer der 16-bit Ära, inspiriert von bockschweren Klassikern wie Super Ghouls ‘n Ghosts, ActRaiser 2, Castlevania oder Wonder Boy in Monster World. Leider enttäuscht das märchenhafte Abenteuer des Fuchses abseits der wunderschönen Optik in vielen anderen Bereichen. Doch alles der Reihe nach, liebe Leser. Lasst mich im gemütlichen Sessel Platz nehmen, gesellt euch vor dem lauschigen Kamin zu mir und gönnt euch etwas von der warmen Milch nebst Keksen.
Es war einmal…
…ein törichter wie draufgängerischer Fuchs namens Rick. Ein sorgloser Abenteurer, die meisten würden ihn aber wohl eher als Taugenichts beschreiben. Der Hühnerdieb lebte unbekümmert in den Tag hinein, stets im dichten Wald auf der Jagd nach dem nächsten, geflügelten Mahl. Nur auf sein eigenes Wohl bedacht, scherte sich der rücksichtslose Haudrauf nicht die Bohne um das Wohlergehen seiner Heimat. Das sich aufbrausende Ungemach blieb so von ihm unbemerkt. Eine böse Macht erhob sich, um die Jahreszeiten an sich zu reißen. Das ultimative Ziel der dunklen Kräfte war es, eine tödliche, fünfte Jahreszeit zu erschaffen. Um dieses Vorhaben zu erreichen, stampfte die Dunkelheit eine Armee der Finsternis aus dem vom Moos überdeckten Boden des Mana-Waldes. Blutdurstige Mutanten, gar abartige Kreaturen der Nacht – halb Tier, halb Pflanze – erhoben sich.
Bald darauf stolpert der Rotfuchs über Patty, das spitzzüngige Rebhuhn. Noch bevor ihm ob des Anblicks dieses schmackhaften, fetten Hühnchens das Wasser im Munde zusammenlaufen konnte, bat sie ihn jedoch im Namen des erhabenen Weltenbaums um die Wiederbeschaffung seiner magischen Rinde. All die Mühe sollte nicht vergebens sein: “Bitte hilf’ uns, das Böse zu bezwingen! Reichtum soll dir unser Lohn sein. Nimm’ diese mächtige, magische Armbrust im Kampf gegen die Dunkelheit!”. Doch nicht nur das, der weise Weltenbaum stattete Rick zusätzlich mit der Fähigkeit aus, die Jahreszeiten nach Belieben manipulieren zu können!
Das alles reicht dem selbstsüchtigen Rotfuchs jedoch nicht zur Genüge. Schlau und hinterlistig, wie er nunmal ist, willigt er dennoch ein. In Gedanken aber sieht er Patty bereits seinen hungrigen Magen ausfüllen: “Ha, ich werde sie alle überlisten! Erst verdiene ich mir das Gold, dann schnapp’ ich mir die Armbrust und zuletzt verspeise ich das fette Hühnchen!”. Rick folgt seinem vermeintlichen Abendmahl in die Tiefen des mystischen Waldes, unwissend, in welch schier umögliche Herausforderung er sich da blindlings gestürzt hatte…

Fünf Jahreszeiten
Auf seinem Weg zu Reichtum und einem vollen Magen muss das Spitzohr mit der kalten Schnauze sich durch acht Gebiete in vier Jahreszeiten kämpfen und am Ende einer jeden Saison auch noch einen fiesen Obermotz bezwingen. Seine mit einem Bajonett ausgestattete, magische Armbrust hilft ihm, all die fiesen Monster auf seinem wahrlich beschwerlichen Weg im Nah- wie Fernkampf zu bezwingen. Mittels einer überschaubaren Karte orientiert sich Rick, wohin es als nächstes geht und er findet so auch zu bereits besuchten Gebieten jederzeit zurück. Das ist notwendig, um bei seinem geplanten Abendmahl Patty sowohl Attribute wie Lebensenergie und Mana als auch Fähigkeiten wie neue Attacken oder die Armbrust gegen Bares aufzuwerten. Das dazu nötige Kleingeld hinterlassen bezwungene Kontrahenten, außerdem findet der Fuchs das glänzende Metall auch in so mancher Schatztruhe.
Für einige Aufwertungen sind zusätzlich magische Erze oder Schleifsteine notwendig, welche wie die magischen Samen besonders gut im ganzen Wald versteckt sind. Besagte Samen benötigt der hinterlistige Draufgänger, um neue Gebiete des Waldes betreten zu dürfen. Bei der ersten Ankunft erreicht der hungrige Vierbeiner viele Bereiche aber nicht, stattdessen findet er nur verschiedenfarbige Zielscheiben vor. Diese lassen sich nur mit speziellen Pfeilen zerstören. Danach erscheinen wie von Geisterhand Plattformen, welche meist zu besagten Begehrlichkeiten führen. All das macht es notwendig, bereits erfolgreich bewältigte Areale des Waldes mitunter mehrmals erneut zu durchschreiten. Sehr zum Leidwesen des Fuchses…
Dank der Magie des Weltenbaums kann Rick in einem jeden Areal zwischen zwei Jahreszeiten wechseln. Frühling, Sommer, Herbst und Winter geben jeweils eine völlig andere, beeindruckende Szenerie preis. Wo im Frühling Pilze zu wachsen beginnen, stellen sie im Sommer turmhohe Plattformen dar, wo sich im Sommer riesige Abgründe auftun, können diese im Herbst dank herabsegelndem Laub bewältigt werden. Unüberwindbare Gewässer gefrieren im Winter und können so problemlos überschritten werden.
Während der flauschige Anti-Held die meisten Waldgebiete laufend und springend absolvieren muss, setzt er sich mitunter auch an den Knüppel eines kleinen Flugzeugs, um aus allen Rohren feuernd sein Ziel zu erreichen. Am Ende einer jeden Jahreszeit muss er sich einem besonders dicken Obermotz wie einem Frosch oder einer Wespe stellen. Um siegreich aus diesen hervorzugehen, bedarf es viel Geschick und dem cleveren Einsatz des Jahreszeitenwechsels.

Fazit
Als 16-bit Veteran habe ich mich auf den ersten Blick sofort in das Spiel verliebt. Ein dickes Lob gilt den Entwicklern für die wunderschöne, detailverliebte und liebevoll inszenierte Grafik mit grandiosen Hintergründen, schicken Animationen und bildschirmfüllenden Bossen. Der Soundtrack hingegen kann trotz Chiptune-Nostalgiebonus keinen Blumentopf gewinnen. Ohrwurmqualität lässt er gänzlich missen, ich war bald sogar schon versucht, ihn genervt abzudrehen.
Wie so oft im Leben zählen nicht nur die äußeren Werte, sondern viel mehr die Inneren. Hier versagt das fuchsige Abenteuer aus München leider an vielen Fronten. Der Schwierigkeitsgrad ist ob der Inspirationsquellen sehr hoch angesiedelt, fühlt sich jedoch selten fair an. In sekundenschnelle respawnende Gegner, welche gern mal abseits des Bildschirms auf Rick feuern und weit verstreute, teils unsinnig platzierte und obendrein kostenpflichtige Checkpoints vermiesten mir den Spielspaß. Ein Bosskampf beinhaltet eine elend lange, vertikale Flucht in einem Turm. Checkpoint? Fehlanzeige! Kurz vor der minutenlangen Flucht verreckt? Fang nochmal von vorne an! Die Bosskämpfe sind wenig balanciert und schwanken im Spielverlauf von lachhaft einfach bis frustrierend hart. Die Shoot ’em up-Passagen gestalten sich aufgrund der unbefriedigenden Kollisionsabfrage und der Tatsache, dass der Fuchs lediglich einen Treffer aushält, ebenfalls als wenig unterhaltsam.

Der Wechsel der Jahreszeiten ist zunächst ein cooles Feature und sieht richtig schick in Bewegung aus, doch aufgrund der trägen Animation war ich schnell genervt. Nach dem Wechsel wurden obendrein meine Controllereingaben kurzzeitig nicht registriert, so dass Widersacher leichtes Spiel hatten. Die Manaleiste sinkt selbst nach mehreren Upgrades schneller, als ich “Fuchs, du hast die Gans gestohlen” anstimmen konnte, füllt sich dafür aber nur extrem langsam wieder auf. So musste ich oftmals 30 bis 60 Sekunden herumstehen und warten, bis ich weitermachen konnte.
In den Levels gibt es keine Übersicht, welche Sammelgegenstände ich schon beisammen habe. Nur auf der Weltkarte sind diese einsehbar. In den Upgrade-Shops sehe ich zwar die Preise der Aufwertungen, nicht aber, ob ich die benötigten Gegenstände überhaupt zusammen habe. Das sorgte für Verwirrung. Zwar kann ich Zaubertränke kaufen, um schicke, bildschirmfüllende Zauber auszulösen, die dafür notwendigen Flaschen sind aber alles andere als leicht zu finden. Habe ich einen Trank gekauft und möchte direkt im Anschluss einen weiteren erstehen, muss ich erst umständlich per Schultertaste die zu befüllende Flasche wechseln. Nur einige Beispiele, wo die Entwickler sich besser nicht vom 16-bit Zeitalter hätten inspirieren lassen sollen…

Das Leveldesign wirkte auf mich über weite Strecken beliebig, einfalls- und inspirationslos. Ich liebe herausfordernde Plattformer der 16-bit Ägide ebenso wie aktuelle Titel des Genres vom Schlage eines Super Meat Boy, Donkey Kong Country: Tropical Freeze oder Celeste. Da diese Genrevertreter mit grandiosem Leveldesign aufwarten, weiß ich bei einem Bildschirmtod stets genau, wo die Ursache sitzt: Vor dem Bildschirm. FOX n FORESTS schmeißt mir hingegen schon ab dem zweiten Level einen Knüppel nach dem anderen zwischen die Beine. Beliebigkeit ist hier an der Tagesordnung.
Nach nur knapp drei bis vier Stunden flimmerte bereits der Abspann über die Mattscheibe. Bei einem Preis von 20 Euro ist das erschreckend kurz. Schade, denn Potential ist definitiv vorhanden, doch leider hat es Bonus Level Entertainment verpasst, abseits der wunderschönen Optik seinen Inspirationsquellen auch nur ansatzweise das Wasser zu reichen.
FOX n FORESTS (Switch/PC/PS4/Xbox One), Bonus Level Entertainment, 20 Euro, bereits erhältlich