We Happy Few bietet dem Spieler eine zufallsgenerierte Sandbox, in der es zu überleben gilt. Man muss sich zwischen Wellies und Downern zurechtfinden, nach Nahrung, Geld und Crafting-Materialien suchen und währenddessen noch vorgeben glücklich zu sein. Letzteres geschieht über die Einnahme spezieller Joy-Pillen, die sich wie andere Items in den gefährlichsten Ecken der Welt finden lassen. Das Spiel befindet sich derzeit in der Alpha-Phase, wird aber schon als Early Access Titel für rund 25€ angeboten.
Pillen machen alles besser
Erst zeigt sich das Spiel storylastig, mit einer Emphase auf linearer Erzählung, nach gut fünf Minuten Spielzeit darf man jedoch den ersten Schritt in die offene Welt wagen. Die Grafik erweist sich als solide, vor allem die Lichteffekte machen einiges her. Zwischen zerstörten Häusern im englischen Stil wandeln die Downer umher, Menschen die von den tüchtigen und Joy-Pillen nehmenden Wellies ausgestoßen wurden und nun in Armut jede Chance ergreifen etwas Essbares zwischen die Finger zu bekommen.
Bei den Wellies sieht es allerdings auch nicht viel besser aus, denn hinter dem schönen Äußeren erkennt man schnell widrige Lebensumstände, eine militante Polizei und die allumfassende Angst als Downer identifiziert zu werden.


Nach der kurzen Einführung in die Spielwelt lässt einen We Happy Few schon von der Leine. Die Spielwelt ist eine Sandkiste voller Kuriositäten, dunklem Humor und einer Prise Roguelike. Denn die Karte – und damit auch die Ereignisse und Nebenmissionen – werden zufallsgeneriert. Selbst die „Hauptquest“, so lose wie ich diesen Ausdruck auch benutzen muss, ist davor nicht sicher und wird bei jedem Playthrough neu ausgewürfelt. Gut so, denn die Hauptmissionen dienen dazu neue Gebiete freizuschalten, nach mehrmaligem Spielen wär das sonst zu öde.
Mal will einen der Wellie-Kommissar nicht über die Brücke ins gelobte Wellie-Land lassen, bis man herausgefunden hat wer letzte Nacht Simon Says gewonnen hat, mal muss man seltenen Honig als Maut bezahlen. Das erfüllen der Vorgaben schickt uns meistens quer über die Karte und rein in sekundäre Begegnungen.
Egal wie die Map dann aussieht, man startet immer in einem Safehouse im Garden District. Der hört sich zwar komfortabel an, ist aber von Armut gebeutelt und voll von Hungernden, Süchtigen und Infizierten. Zumindest passt man mit dem eigenen – zerrissenen – Anzug da gut ins Bild. Kleidung spielt in We Happy Few nämlich auch eine fundamentale Rolle. Wer sich nicht anpasst fällt auf und das bedeutet man hat einen unangenehmen Aufenthalt. Was beim ersten Betreten der Spielwelt schnell klar wird ist, dass die Umgebung ihre eigenen kleinen, aber einprägsamen, Geschichten erzählt.
Da schmiert We Happy Few ordentlich Butter aufs Brot, denn die Quest-Häppchen sind das bisherige Highlight des Spiels und ziehen sicher aus jedem Spieler das ein oder andere Lächeln heraus. Ob man nun eine mehrstufige Quest mit verrückten Charakteren verfolgt, oder ob man nur ein beschriftetes Schild in der Gegend betrachtet, der Entwickler Compulsion Games versteht sehr gut wie man eine vielfältige, lustige und dunkle Welt erschafft ohne dem Spieler mit dem Story-Knüppel eins drüber zu geben.


Spielspaßsperre
Aber macht der Kern des Spiels denn Spaß? Schließlich sind die verschiedenen Mechaniken doch, worin man die meiste Zeit investiert. Bis jetzt gibt’s dazu ein ganz klares Jein. Die Blaupause für ein gelungenes Spiel ist schon enthalten, aber schnell tun sich einem mehrere Schwächen auf.
Das Kampfsystem wirkt derzeit noch sehr simpel, die linke Maustaste dient dem Draufhauen, die Rechte dem Blocken. Wer zu viel von beidem macht, dem geht bald mal die Stamina aus. Wenn man darüber hinaus noch extravagant sein will, der kann über das Crafting-System Krähenfüße oder Dart-Pfeile basteln, aber egal wie man’s auch dreht und wendet, die Gefechte in We Happy Few sind wenig mehr als Button-Mashing. Das war zwar zu erwarten, immerhin setzt das Spiel auf Survival und Stealth, das Tarnen und Verstecken sollte viel wichtiger sein, dennoch sind viele Encounter mit Kämpfen verbunden, denen man nicht, oder nur sehr schwer, ausweichen kann.
Zusätzlich sorgen die steifen Animationen für ein schlechtes Treffergefühl, was ein Problem ist, das die KI nicht zu haben scheint.

Mein größtes Problem mit We Happy Few liegt aber im Kern des Spiels, denn der tapfere Mix aus gefühlt 40 Genres zehrt an so manchen Stellen an den Nerven. Manchmal will man einfach die Atmosphäre genießen, oder ein Gespräch belauschen und schon ist man wieder durstig. Oder hungrig. Oder müde. Man folgt einer Quest quer über die Karte nur um sich durch dumme Umstände eine Krankheit zuzuziehen, die man dann besser schnell heilen sollte – sonst droht einem der Permatod – also geht’s auf in eine andere Richtung.
Will man ein neues Item bauen, geht’s wieder ab ins Safehouse zur persönlichen Legokiste, denn das Inventar ist klein und Waffen nehmen den Großteil vom Platz ein. Letztere haben auch noch eine bedauerlich kurze Lebensspanne, sodass Looten zur Qual wird. Zwischen all dem hin- und her ertrinkt leider die Freude an den schönen Seiten des Spiels, der Atmosphäre, dem Humor und der Story. Vielleicht gibt es eine Spielergruppe, die nach genau dieser Mischung an Crafting, Open World Sandbox, Roguelike und Survival sucht, allerdings gibt es jede dieser Mechaniken auch in anderen Spielen – nur besser.
Fazit
Es wird interessant zu sehen, was noch aus We Happy Few wird, denn ein großer Teil des Inhalts ist noch nicht fertig. Zu viel Hoffnung sollte man sich im Bezug auf die Spielmechaniken nicht machen, aber die gute Atmosphäre und die witzigen Geschichten machen den Early Access Titel interessant. Compulsion Games hat eine Menge Potential und Kreativität. We Happy Few auch.