Yoku’s Island Express ist einer dieser seltenen, wahrhaft innovativen Indie-Juwelen, welchen du bislang vermutlich noch nicht auf dem Radar hattest. Das Abenteuer verquickt auf unglaublich charmante wie brillante Weise Metroidvania- mit Flipper-Elementen. Ja, du hast richtig gelesen! Wie das funktioniert und warum es so unfassbar gute Laune macht, erklären wir dir in unserer Kritik.
Der Postmeister ist da
Der Mistkäfer Yoku ist Postbote mit Leib und Seele. Wo ließe sich diese Berufung angenehmer ausüben, als auf der tropischen Insel Mokumana? Eben. Deshalb segelt der rote Käfer zu jener Insel, um sich dort ein schönes Leben zu machen. Bereits kurz nach dem Anlegen trifft er auf den amtierenden Postmeister. Als dieser bemerkt, dass Yoku denselben Job ausübt, greift der alte Kauz die Gelegenheit beim Schopf, zieht direkt über Los und geht in Rente.
Yoko übernimmt dessen Posten aber nur allzu gerne. Im Dorf der Eingeborenen angekommen, sieht sich das kleine Insekt jedoch einer viel größeren Herausforderung gegenüber: Der Inselgott wurde von einem Wesen mit dem unheilvollen Namen »Gottmörder« schwer verletzt. Erfolgt keine Heilung der fiesen Wunde, droht dem Gott und damit dem Eiland der Untergang. Abhilfe können die drei Häuptlinge Mokumanas schaffen, doch diese gilt es erst zu finden. Da Yoku ohnehin Briefe und Pakete zuzustellen hat, lässt er sich nicht zweimal bitten und macht sich direkt auf den Weg.
Metroidvania trifft Flipper
Mokumana ist im besten Metroidvania-Stil eine große, zusammenhängende Karte, welche in unterschiedliche Gebiete unterteilt ist. Du erkundest mit Yoku, welcher stets eine Kugel vor sich herschiebt, Tropfsteinhöhlen, heiße Quellen, dichte Dschungel, trockene Steppen oder eisige Bergspitzen. Einige dieser Bereiche sind anfangs nicht zugänglich, doch im Verlauf des Spiels erhältst du durch Gegenstände besondere Fähigkeiten, welche dir fortan den Zutritt ermöglichen. Diese Formel geht in Yoku’s Island Express ebenso gut auf, wie du es vielleicht schon von einem Spiel der Metroid- oder Castlevania-Reihe kennst.
Neu ist hingegen, dass die gesamte Insel zahlreiche in die Szenerie eingeflochtene Flipper-Elemente sowie ganze Flipper-Automaten bereithält. Diese kommen dann auch mit gängigen Komponenten wie Flipper-Hebeln, Slingshots, Schlagtürmen, Zielscheiben oder Rampen daher. Yoku’s zuvor erwähnte Kugel dient als Pinball und das auch gleich mit einer überzeugenden Ballphysik. Du erkundest mit dem kleinen Mistkäfer also nicht nur per Pedes, sondern auch oftmals flippernd die Insel. Sogar manchen Bosskampf gilt es so zu absolvieren. Das klingt absurd, spielt sich tatsächlich aber unglaublich dynamisch, erfrischend und natürlich. Entwickler Villa Gorilla gebührt unser größter Respekt für so viel Wagemut wie Kreativität! Schnell stellt sich heraus, dass es einen Heidenspaß macht, Yoku über die Insel zu scheuchen.
Weltraummönche und pupsende Regenbogenwesen
Auf deiner Reise mit Yoku zu den drei Stammeshäuptlingen triffst du auf allerlei illustre Kreaturen wie einen sprechenden Baumstumpf, eine riesige Schildkröte oder einen Bergsteigertrupp bestehend aus Wiesel, Dachs und Eule. Besonders kurios gestalten sich die »Weltraummönche«. Das ist ein sektenartiger Trupp Frösche, welcher sich mit einer selbstgebastelten Rakete in den Orbit schießen möchte. Oft halten all diese Charaktere ein paar flapsige Sprüche für dich parat, nicht selten auch eine Nebenmission. Die gesamte Insel strotzt nur so vor Geheimnissen wie versteckten Pfaden, hilfreichen Gegenständen, Briefkästen oder Totems und weckt so die Entdeckerlust in dir. Gegenstände wie die Tröte lassen dich mit zahlreichen Elementen in der Umgebung interagieren – Windräder drehen sich oder Vasen zerspringen.
Besonders kurzweilig gestaltet sich der »Rußling« an der Leine, mithilfe dessen du dich an fleischfressenden Pflanzen (!) behände durch die Gegend schwingen und so auf höher gelegene Plattformen katapultieren kannst. Kurios sind auch die explosiven Schnecken, welche sich einsaugen und zum Freisprengen neuer Areale nutzen lassen. Dein ständiger Begleiter, die pummelige Biene »Rücktreter«, gibt nicht nur Ratschläge, sondern dient auch als Airbag zwischen den Flipper-Hebeln. Last but not least wäre da noch das Regenbogenwesen namens »Skvader«, welches beim Flippern zufällig auftaucht und mit Früchten gefüllte Luftblasen… ähem… pupst.
Apropos Früchte: Diese liegen überall verteilt auf der Insel und dienen als Zahlungsmittel. Du aktivierst damit Katapulte, welche den Weg zu neuen Bereichen freigeben, oder kaufst Gegenstände ein. Im späteren Spielverlauf kannst du mittels des leckeren Obstes auch Schnellreisepunkte der »Bienenlinie« aktivieren. Zur einfacheren Orientierung kannst du jederzeit eine Karte der Insel aufrufen, welche aber leider nur zwei Zoomstufen bietet. Auf dieser sind stets das aktuelle Ziel sowie weitere, interessante Punkte, über welche du im Spielverlauf gestolpert bist, vermerkt.
Auch besondere Sammelgegenstände, wie die über die ganze Insel verteilten »Weidlinge«, werden darauf vermerkt. Wie in einem Metroidvania-Spiel üblich, musst du öfters in bereits besuchte Gebiete zurückkehren. Das geht zwar, trotz der Größe der Insel, relativ flott. Die Flipper-Parts ziehen dein Fortkommen dann aber doch gern mal unnötig in die Länge. Bald schon kannst du aber Abkürzungen freilegen und die zuvor erwähnte »Bienenlinie« nutzen.
Fazit
Als ich das erste mal diesen Hybrid aus Metroidvania und Flipperautomat sah, war ich skeptisch. Auch, weil ich mit Pinball nur bedingt etwas anfangen kann. Bereits kurz nach Spielstart waren aber jegliche Zweifel verflogen, versprüht Yoku’s Abenteuer doch von Anfang bis Ende dank seiner detailverliebten, handgezeichneten Präsentation jede Menge Charme. Der stimmungsvolle Soundtrack trägt sein übriges zum Gute-Laune-Effekt bei. Die witzig-kuriosen Charaktere sorgen für Kurzweil und schnell saugt dich das Metroidvania-Spielprinzip ein. Die Freude darüber, in bereits besuchten Gebieten dank zusätzlicher Fähigkeiten Neues zu entdecken, motiviert ungemein!
Positiv überrascht hat mich die harmonische Einbindung der Flipper-Elemente. Das Ganze wirkt nicht aufgesetzt, die »Flipperautomaten« fügen sich organisch in die Umgebung ein und stören keineswegs. Im Gegenteil: Yoku’s Island Express spielt sich dadurch angenehm erfrischend und dynamisch, weckte mitunter gar Erinnerungen an Sonic bei mir. Dank des niedrigen Schwierigkeitsgrades werden jüngere Semester ebenso ihre helle Freude wie all jene haben, welche nach unbeschwerter Unterhaltung und Entspannung am Feierabend suchen.
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