Im Vorfeld wurden schon die ersten Unkenrufe laut: Borderlands: The Pre-Sequel sei eigentlich nur eine Borderlands 2 Expansion und könne nichts substantiell Neues bieten. 2K reagierte und versicherte, dass Borderlands: The Pre-Sequel ein vollwertiger Triple-A Titel sei. Wer soll letzten Endes Recht behalten?

Traurige Helden

Es ist schon merkwürdig. Borderlands: The Pre Sequel hat den gleichen schrägen Humor wie die alten Borderlands Teile. Überall gibt es schräge NPC, verrückte Wissenschaftler. Diesmal ist sogar Handsome Jack, nicht als Bösewicht, sondern als tragischer Held mit an Bord. Doch trotz all dieser Verrücktheit und trotz des schrägen Humors ist Borderlands: The Pre Sequel ein unheimlich trauriges Spiel. Vor den Story-Schreibern habe ich die größte Achtung. Eine Geschichte und Charaktere schreiben zu können, die gleichzeitig lustig und traurig sind, ohne dabei in kitschigen Pathos abzugleiten, dass kann nun wirklich nicht jeder. Borderlands aber hat es geschafft.

Jack - Steckt bis über beide Ohren drin!
Jack – Steckt bis über beide Ohren drin!

Insbesondere dieser Teil mit seinen Antihelden und seinem Fokus auf Handsome Jack, der langsam vom einfachen Hyperion-Angestellten, Schritt für Schritt zum Bösewicht mutiert. Nicht aus freier Entscheidung (obwohl er natürlich von Anfang an gewisse psychopathische Grundzüge aufweist), sondern weil er keine andere Wahl hat, denn die Lost Legion (die in Verbindung mit DAHL steht) greift die Hyperion-Station über Elpis an, um … etwas zu erreichen was hier nicht verraten wird.

Diesen erzählerischen Spagat zu schaffen ist nun wirklich nicht einfach. Atemlos erahnt man, wo die Geschichte um Jack, Hyperion und die Lost Legion vom Schlechten zum Schlimmeren geht und ist durchaus an den Ereignissen interessiert und emotional investiert. Die Geschichte hat zwar Ihre Längen, aber weiß insgesamt zu unterhalten und zu überzeugen.

Die Helden

Die vier Helden (welche auch wie in Borderlands 2 kooperativ gespielt werden können), sind in diesem Fall eher Anti-Helden, welche von Jack angeheuert wurden, um ihm dabei zu helfen, den Mond zu retten. Ja in diesem Teil ist man nicht auf der Planetenoberfläche, sondern auf dem Mond Elpis, der hoch über Pandora schwebt. Da es auf dem Mond reduzierte Schwerkraft gibt, können die Helden sehr hoch springen und müssen darauf achten, dass ihnen der Sauerstoff nicht ausgeht, wenn sie die Außenareale des Mondes erkunden.

Elpis in all seiner Pracht, von der Hyperion Raumstation aus gesehen
Elpis in all seiner Pracht, von der Hyperion Raumstation aus gesehen.

Doch die Helden selber sind meiner Meinung nach etwas unterschiedlicher geworden, als es noch bei Borderlands 1 und 2 war. Da wäre Athena die Gladiatorin, Wilhelm der Vollstrecker, Nisha die Gesetzeshüterin uuuuund CLAPTRAP als „Böser Fehler“.

Das ist Jacks „Team Hyperion“.
Das ist Jacks „Team Hyperion“.

Die Helden haben natürlich alle wieder ihre eigenen Fähigkeiten. Wilhelm kann sich stück für Stück in einen Cyborg verwandeln, der z.B. obwohl er schon gestorben ist, weiter auf seine Feinde zumarschiert und sie niedermacht. Nisha hat eine „Auto-Aim“ Fähigkeit mit der sie blitzschnell alle Gegner umnieten kann und Athena hat einen Gladiator-Schild, der eine Zeit lang jeglichen von Vorne kommenden Schaden absorbieren kann. Und Claptrap. Tja was Claptrap so macht weis niemand so richtig, am allerwenigsten er Selbst! Claptrap erzeugt chaotische Elementareffekte, leiht sich Fähigkeiten anderer Spieler und ist einfach nur ein unberechenbarer Wirbelwind des Chaos. Für den Spieler, wie für die Gegner.

Schön ist auch das dieses Mal die Helden selber die sonst immer sehr blass waren etwas Geschichte spendiert kriegen. Mit Athena, die ich für die Review am intensivsten gespielt habe, erzählt man die Geschichte im Rückblick, währenddessen man von „Lillith“ zu den Ereignissen befragt wird.

Athena wird von Lillith verhört … Ob das wohl gut ausgeht?
Athena wird von Lillith verhört … Ob das wohl gut ausgeht?

Die etwas persönlichere Hintergrundgeschichte ist zwar nicht besonders tief, aber fühlt sich fortschrittlich an und ist demnach ein gutes Feature des neuen Borderlands.

Spielmechaniken

Die Spielmechanik ist im Prinzip genauso wie in den ersten beiden Teilen. Gegner töten. XP kassieren. Den Charakter aufleveln. Neue Waffen/Schilde/Klassenboni finden. An Verkaufsautomaten Sachen, die man nicht braucht verkaufen und sich bei „Markus-Munition“ wie immer mit einem flotten Spruch a la „Nicht sterben, ich brauche Dein Geld.“ verabschieden lassen. Das System ist und bleibt gut, aber ist letztendlich natürlich nicht besonders neu.

Der altbekannte Skill-Tree … mit neuen Fähigkeiten. Man beachte die Sauerstoffglocke um Athenas Kopf.
Der altbekannte Skill-Tree … mit neuen Fähigkeiten. Man beachte die Sauerstoffglocke um Athenas Kopf.

Was natürlich neu ist, ist die bereits erwähnte Möglichkeit, auf Elpis hochspringen zu können. Außerdem trägt man als neue Gegenstandsklasse ein O² -Kit mit sich herum, dass bestimmt wie viel Sauerstoff man in den Außenarealen zur Verfügung hat und meistens noch weitere kleine Boni bringt. Schön gemacht ist außerdem, dass man den Sauerstoff auch einsetzen kann, um bei gedrückter Leertaste zu gleiten. Das gibt einem die Möglichkeit, höher gelegene Punkte zu erreichen oder Abgründe zu überqueren. Es klingt im ersten Moment nicht ratsam, Sauerstoff für die Fortbewegung zu verbrennen, aber man muss sich eigentlich keine Sorgen um die Atmung machen. Es gibt immer wieder O² Generatoren auf der Karte, welche eine Sauerstoff-Blase erzeugen können oder Luft strömt aus Erdspalten des Mondes aus. Zusätzlich lassen besiegte Gegner häufig ihren eigenen Sauerstoffvorrat fallen, den man dann aufsammeln kann, um den Kampf ohne Angst vor Ersticken fortzusetzen.

Die Mechanik um den Sauerstoff und die niedrige Schwerkraft ist neu und schöne, aber auch keine bahnbrechende Revolution des Spielgefühls. Eher ein Gimmick und weniger ein essenzielles Feature.

Was nach wie vor sehr ärgerlich ist: Die Mechanik wie Munition und Geld aufgehoben wird. Man muss immer „e“ drücken, um Geld und Munition aus Kisten aufzuheben. Das nervt unheimlich, weil es in jedem Raum immer tonnenweise Kisten und Safes gibt, in denen dann immer Kleinstbeträge an Geld herumliegen. Nachdem man 100 Mal „e“ gedrückt hat, um 200 Dollar einzusammeln und danach, wenn man einmal stirbt, 250 Dollar als Wiederbelebungsgebühr zahlen muss fühlt man sich um seine Lebenszeit betrogen. Entweder hat man nur wenige Kisten mit größeren Geldbeträgen, oder es gibt eine Auto-Loot Funktion mit denen man Geld automatisch einsammelt. Das derzeitige System ist dringend verbesserungswürdig. Ich bin in meinen Kampagnen inzwischen dazu übergegangen kaum noch Geld einzusammeln, sondern einfach nur noch gute Waffen und Schilde zu sammeln, um die dann gewinnbringend an den Automaten zu verkaufen. Das schont die altersmüden Knochen.

Level und Missionen

Die Level und Missionen sind auch im Prinzip genauso wie in Borderlands 2 mit bestimmten Schwierigkeitsgraden versehen. Sich fortbewegt wird entweder zu Fuß oder mit dem Buggy (oder z.B. dem fliegenden Stingray). Dabei passiert es halt häufig, dass künstlich Laufwege geschaffen werden.

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Einmal kämpft man sich z.B. durch eine Basis voller Gegner. Bzw. Erst stürmt man das Tor, dann den Bereich hinterm Tor. Dann die Basis, dann will man über eine Brücke zur eigentlichen Hauptbasis, die dann gesprengt wird. Dann versucht man den Abgrund zu vereisen und dann stellt man fest, dass die Vorrichtung klemmt und man woanders hin muss, um diese zu reparieren und dieses „woanders“ ist natürlich drei Karten entfernt außerhalb der Basis. Dort läuft man dann hin (den gaaanzen Weg zurück) kämpft sich wieder durch Gegnerhorden, dann wieder zurück und dann muss man sich noch durch die eigentliche Hauptbasis kämpfen.

Solches Missionsdesign fühlt sich einfach nicht gut an. Einfach weil es frustrierend ist, wenn sich immer wieder irgendwelche neuen Ziele zwischen einen Selbst und das Hauptziel schieben. Man hat nicht das Gefühl Fortschritte zu machen, sondern immer wieder einen Rückschritt zu machen. Das Ziel das am Anfang nahe erscheint „läuft vor einem weg“. Das könnte noch motivierender aufbereitet werden und unnötige Laufwege sollten eliminiert werden.

Sonstiges

Was auch noch negativ auffällt ist, dass es häufig gleiche Gegner gibt, aber selbst das kennen wir ja schon aus Borderlands. Früher hießen sie „Banditen“, jetzt heißen sie „Scavs“ und doch täuscht das nicht drüber hinweg, dass es im Prinzip die gleichen Standardgegner sind. Natürlich gibt es auch andere spannende Gegner wie Roboter oder die Dahl-Lost-Legion Soldaten mit teilweise interessanten Gegnern.

Ein geheimnisvoller Verbündeter der Lost Legion.
Ein geheimnisvoller Verbündeter der Lost Legion.

Dabei gibt es natürlich viele Gegner, an die man sich aus Borderlands 2 erinnert und die genauso hart sind, wie sie es im letzten Teil waren.

Ein alter Bekannter…
Ein alter Bekannter…

Erwähnenswert ist natürlich, dass die Elementarwaffen in Kombination mit den Gegnern wichtig sind. Nach wie vor ist Korrosion gegen gepanzerte Gegner gut. Elektrik gegen Schilde. Feuer gegen Fleisch. Neu ist jetzt, dass es auch Laserwaffen gibt. Die Strahlenwaffen sind zwar eine eigene Art Waffe, aber verursachen auch die bekannten Elementareffekte. Trotzdem eine nette Ergänzung des nach wie vor üppigen Borderlands Waffenarsenals. Im Grunde seines Herzens ist Borderlands sich treu geblieben.

Der wahre Star heißt des Spiels heißt Torque oder Mulligan und nicht Jack, Athena oder Claptrap…

Fazit

Nun da ihr alles gelesen habt, kann ich Euch das sagen, was denk ich schon von Anfang an klar war. Falls Ihr Borderlands 2 mochtet, könnt ihr hier bedenkenlos zugreifen. Mochtet ihr Borderlands 2 nicht, dann erwartet keine gravierenden Verbesserungen/Veränderungen und bleibt fern.

Story, Humor, Waffen, kleine Neuerungen, Easter Eggs und keine übertriebenen Systemanforderungen (da die Grafik im Prinzip gleich geblieben ist) sind die Stärken dieses Borderlands.

Das Loot-System, die Gegnervielfalt, mäßig interessante Sidequests und die unnötigen Laufwege sind nach wie vor ein Problem, dass nicht angegangen wurde.

Borderlands: The Pre Sequel ist mit einer Spielzeit von um die 30 Stunden ein Triple-A Titel wie 2K es angekündigt hat, aber genauso haben die Kritiker recht, welche festgestellt haben, dass es mehr Innovationen in diesem Spiel hätte geben können. Meine Meinung ist, dass Borderlands eine Überholung vertragen kann. Nach drei sehr ähnlichen Spielen ist die Zeit reif, Schauplatz, Spielmechanik und Grafik zu überarbeiten, damit ein Borderlands 3 die Community wieder richtig begeistern kann.

Unser Redakteur Florian gehört zu der Gruppe Spieler, die in ihrer Jugend die allerersten Gehversuche der Spieleindustrie mit "Pong "auf dem Atari, dem Commodore C 64, oder dem ersten Sim City miterlebt haben.

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