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Das Ende der Indies ist nahe! All die armen Indies werden pleitegehen, weil sich Indie-Spiele nicht mehr verkaufen! Hilfe, wir werden wieder in den Händen der bösen Publisher sein! Diese oder ähnliche Aussagen hat man in letzter Zeit immer wieder gehört und gelesen. Obwohl es Kritiker gibt, die überhaupt die Existenz der Indie-Apokalypse bestreiten, gibt es auch Indie- Entwickler, die definitiv glauben, dass die Indie-Apokalypse real ist. Cliff Harris von Positech Games, ein Bekannter Indie-Entwickler von Titeln wie „Democracy“ und „Gratuitous Space Battles“, erlebt ein verändertes Geschäftsklima für Indie-Entwickler.

In seinem Blog schreibt Cliff Harris: „Ich denke, es ist jetzt VIEL schwieriger, als es noch vor ein paar Jahren war […]“ An dieser Stelle möchte ich nicht diskutieren, inwieweit das Geschäft für die Indie-Entwickler jetzt schwieriger ist, sondern die simple Frage stellen: Ist die Indie-Apokalypse ein Segen oder ein Fluch? Nun mag manch einer sagen: Wie kann ein Arbeitsumfeld, in dem hart arbeitende Menschen pleitegehen, ein Segen sein? Natürlich ist es ein Fluch! Diese Einstellung setzt voraus, dass es jedes Indie-Spiel verdient, ein Produkt hart arbeitender Menschen genannt zu werden, aber was lehrt uns die Wirklichkeit? Es gibt immer gute und schlechte Produkte. Qualitätsprodukte und solche, die es gerne wären.
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Die Spieleflut auf Steam

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Einem Artikel von Kotaku zufolge wurden im Jahr 2016 über 4200 Spiele auf Steam veröffentlicht. Das sind statistisch gesehen 11 Spiele pro Tag. Man bedenke dabei, dass am Wochenende normalerweise keine Spiele veröffentlicht werden und man kommt auf 15 – 16 Spieleveröffentlichungen PRO TAG. Der Andrang auf Steam war so groß, dass beinahe 38 % der ganzen Steam-Spielebibliothek im Jahr 2016 veröffentlicht wurde. Ich scheue mich nicht davor, auf der schlechten Qualität von Spielen großer Publisher herumzureiten. Man denke nur an die schreckliche PC-Version von Batman: Arkham Knight, die so unspielbar war, dass die Veröffentlichung wieder temporär rückgängig gemacht werden musste. Aber genauso wie die großen Publisher müssen sich Indie-Entwickler Kritik stellen.

Wie viele Spiele auf Steam haben einfach nur Unity-Assets genutzt und irgendetwas zusammengeschustert, das des Begriffs „Spiel“ kaum würdig war und es dann via Steam Greenlight in den Steam-Store geschoben? Und was ist mit der Retro-Pixel-Seuche? Ja, ich habe gerne FTL oder Halcyon 6 gespielt, aber langsam kann ich Pixel-Grafik nicht mehr sehen. Pixel-Grafik-Spiele werden wie die neuen Superhelden-Filme in inflationärer Masse auf uns Konsumenten losgelassen. Wie viele Neuinterpretationen von „Batman“ habe ich in den letzten Jahren gesehen? Und dann ist da noch irgendein neuer „Spiderman“ alle Jahre wieder und „Superman“ sowieso… Und wer noch nicht genug hat, kriegt noch „Supergirl“ und ein halbes Dutzend „Wolverine“-Filme gratis obendrauf. Und genauso ist es mit der Pixel-Grafik. Es wird langsam zu viel. Nun mag man einwenden, dass es doch gut ist, dass es viele verschiedene Grafikstile und Produkte auf Steam gibt. Dem stimme ich zu. Aber was ist, wenn gute, innovative Spiele keinen Erfolg haben, weil sie in einem Ozean aus halb fertigen Early-Access-Titeln, unfertigen Unity-Assets-“Spielen“ und obendrauf einer LKW-Ladung von Pixel-Grafik-Spielen untergehen?

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Verlorene Spiele

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Ich habe es auf mich genommen, mich via Steam-Suchfunktionen durch die 2016 Spielebibliothek von Steam zu kämpfen und nach „verlorenen Spielen“ zu suchen. Spiele, die mich persönlich interessieren könnten, die ich einfach nicht bemerkt habe. Spiele, die innovative, interessante Indie-Titel repräsentieren. Spiele, die weder halbherzige Pixel-Grafik haben noch unfertige Early-Access-Titel sind. Spiele, die es verdienen, gekauft zu werden, aber in der Masse vielleicht untergegangen sind.

Es dauerte nicht lange und ich wurde fündig. Concealed Intent ist ein Rundenbasiertes Sci-Fi-Strategiespiel mit einem interessanten Konzept (Raumkämpfe mit ausgefeilten Stealth-Mechanismen). Es war vier Jahre in Entwicklung bei einem Einmann-Studio namens Jarrah Technology. Und es hat sich leider nicht so gut verkauft wie erhofft. Ich habe ein Interview mit Charles Cordingley, dem Besitzer von Jarrah Technology, geführt und ihn gefragt, wie er die Indie-Apokalypse und die Spieleflut auf Steam bewertet.

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Er hatte Folgendes zu sagen (Original Interview wurde auf Englisch geführt, hier die übersetzte Version): „Durch Steam Greenlight kamen mehr und mehr Spiele auf Steam, ein Rinnsal wurde zu einer Flut. In den frühen Tagen gab es nicht viele Spiele und auf der Basis, dass es nicht viele Spiele und so viele Spieler gab, lebten die Entwickler gut. Über die Zeit hat sich das geändert. Von guten Spielen wird keine Notiz genommen. In den Jahren 2012/2013 mussten Indie-Entwickler nicht viel in Marketing investieren, einfach nur auf Steam zu sein war genug, um bemerkt zu werden. Dadurch, dass jetzt so viele Spiele veröffentlicht werden, reicht es nicht mehr, einfach nur gut zu sein. Du musst auch Glück und ein angemessenes Marketing-Budget haben.“ Auch über den Ursprung der Spieleflut hat sich Charles Cordingley geäußert: „[…] die Kosten dafür, ein Spiel zu entwickeln, haben sich derart reduziert, dass viele Leute (wie ich) jetzt Spiele entwickeln können […].“ Diese Aussagen decken sich mit anderen Aussagen von Entwicklern und Analysten.

Ein Grund ist in der Tat, dass Steam mit Greenlight seine Tore weit geöffnet hat. Aber ein anderer Grund ist, dass sich die Kosten für Spieleentwicklung reduziert haben. Man denke nur an Unity und andere Projekte, die all die benötigten Werkzeuge zur einfachen Spieleentwicklung anbieten. Und jetzt wird es schwer, aus der Masse aufzutauchen, wenn man kein großes Marketingbudget hat und nur eine von 15-16 Spieleveröffentlichungen pro Tag ist. Aber hier sehen wir auch, dass die Indie-Apokalypse nicht nur einfach ein Problem ist, das mit Steam Greenlight seinen Anfang genommen hat. Mehrere Faktoren greifen ineinander.
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Also was jetzt: Segen oder Fluch?

[aesop_content color=”#606569″ background=”#FFFFFF” width=”100%” columns=”1″ position=”none” imgrepeat=”no-repeat” floaterposition=”left” floaterdirection=”up” revealfx=”off”]Die Indie-Apokalypse hat in meinen Augen drei wichtige Gründe (was nicht heißt, dass es nicht noch mehr Gründe geben kann, die wir nicht erläutern können, ohne den Rahmen des Artikels komplett zu sprengen):

  1. Steam öffnete seine Tore mit Steam Greenlight etwas zu weit und macht es so Indie-Entwicklern schwer, aus der Masse aufzutauchen.
  2. Neben all den hochwertigen Spieleproduktionen gibt es unglaubliche Mengen an halb fertigen Spielen, geplant betrügerische Spieleveröffentlichungen ohne die Intention, die Spiele jemals fertigzustellen. Dazu kommen noch zahllose Veröffentlichungen zweifelhafter Qualität, die sich ihrer schlechten Qualität noch nicht einmal schämen. Man denke nur an den Digital Homicide Skandal mit anschließendem Prozess, den Youtuber Jim Sterling durchgemacht hat.
  3. Es gibt einfach mehr Spiele, weil es mehr Werkzeuge (Unity) und Finanzierungsmöglichkeiten (Kickstarter, Steam Early Access) gibt, die Entwickler nutzen können. Damit sind Spielproduktionen von Einmann-Studios und kleinerer Entwicklergruppen wieder realisierbar. Diese Gründe verführen mich zu der Aussage, dass die Indie-Apokalypse Segen UND Fluch ist und darüber hinaus unabwendbar war.

Was ist der Segen? Wenn all die Betrüger und Macher halb garer Spieleprodukte nicht mehr genug Geld machen und von der Bildfläche verschwinden, sodass gute Spiele wieder mehr Aufmerksamkeit erhalten, ist die Indie-Apokalypse ein Segen. Ein weiterer Segen ist, dass Steam die Zustände erkannt hat und jetzt Steam Greenlight einmottet und durch ein neues System namens „Steam Direct“ ersetzen möchte, mit der Intention, Betrüger von der eigenen Plattform fernzuhalten. Was ist der Fluch? Der Fluch ist, dass gute Entwickler, die jetzt während der Indie-Apokalypse nicht genug Geld mit ihren Spielen verdient haben, vielleicht nicht den langen Atem haben durchzuhalten, bis neue Mechanismen (hoffentlich) hochwertige Indie-Produkte begünstigen.

Darüber hinaus kann es sein, dass der Markt trotz einer Bereinigung einfach zu klein ist für die Masse an Indie-Entwicklern, die es derzeit gibt. Und damit kämen wir zur Unabwendbarkeit der Situation. Ökonomie lehrt uns, dass, wenn zu viele Anbieter auf zu wenig Nachfrage treffen, sich der Markt früher oder später selber bereinigen muss. Möglicherweise ist der Markt einfach zu klein, um allen Indie-Entwicklern (egal ob sie gut oder schlecht sind) ein Einkommen zu bieten. Wirtschaftliche Realität kann auf ihre eigene Art grausam sein, aber ist in Wahrheit nicht moralisch oder unmoralisch, weder Segen noch Fluch. In diesem Sinne ist die Indie-Apokalypse Fluch, Segen und einfach nur eine wirtschaftliche Naturgewalt, die den Markt bereinigen wird. Es bleibt zu hoffen, dass möglichst viele hochwertige, innovative Indie-Entwickler den Sturm überleben werden. Eine Garantie dafür gibt es leider nicht.

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Unser Redakteur Florian gehört zu der Gruppe Spieler, die in ihrer Jugend die allerersten Gehversuche der Spieleindustrie mit "Pong "auf dem Atari, dem Commodore C 64, oder dem ersten Sim City miterlebt haben.

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